Die Gegenwartskünstlerin Lu Yang hat auf der diesjährigen Art Basel ihr neuestes Werk vorgestellt: einen Gestaltwandler-Avatar namens DOKU. Yang ist bekannt für ihre fesselnden Animationen, die das Menschsein im 21. Jahrhundert erforschen. Seit 2018 arbeitet sie mit einem Team aus Wissenschaftlern, 3D-Animatoren und Digitaltechnikern zusammen, die sich auf dem Gebiet der Motion-Capture-Technologie (kurz MoCap) spezialisiert haben. Diese Technologie erfasst die Bewegung von Menschen oder Objekten digital und reproduziert diese in einem virtuellen Umfeld. Das Ergebnis fand ich überwältigend.
Bereits in meinem ersten Artikel über die Art Basel 2024 beschrieb ich meine Begeisterung gegenüber Lu Yang und ihrem gigantischen Kunstwerk. Es war beinahe unmöglich, sich von dem Bildschirm zu entfernen, auf dem das Abenteuer von Avatar DOKU gezeigt wurde. Nicht nur die verrückte, hyperrealistische Animation war das Fesselnde an diesem Werk. Auch die wortlose Geschichte, war spürbar packend und wirkte beinahe hypnotisch auf die vielen Zuschauer, die sich davor versammelten. DOKU entdeckte sozusagen die von Menschenleben verlassene Welt mit den Augen eines Individuums, das diese Welt erstmals betrat. Ich kann gar nicht mehr adäquat schildern, was DOKU in der Animation alles getrieben hat. Ich erinnere mich lediglich daran, all das mit weit aufgerissenen Augen inhaliert zu haben und zwischendurch fassungslos „wie?“ gefragt zu haben.

„Digitale Reinkarnation“: Wer ist Avatar DOKU?
DOKU ist mehr als ein virtueller Character. Er oder sie repräsentiert einen Menschen in einer digitalen Hülle. Seinen oder ihren Namen trägt DOKU aus der Phrase „Dokusho Dokushi“. Das bedeutet etwa: „Wir werden allein geboren und sterben allein“. Dieser Aspekt des Alleinseins wird in Lu Yangs vorliegender Animation, dem Erzählfilm „DOKU The Flow“, intensiv untersucht. Das Filmprojekt bezeichnet die Künstlerin liebevoll als „digitale Reinkarnation“. Derzeit umfasst es zwei Filme, wovon „DOKU The Flow“ der zweite ist, wenn ich mich nicht komplett irre.
„DOKU The Flow“ stützt sich stark auf die buddhistische Philosophie von Mādhyamika, die besagt, dass alle Phänomene frei von einer inhärenten „Natur“, „Substanz“ und „Essenz“ sind. Über eine Reihe von nichtlinearen Sequenzen präsentiert der Film komplexe 3D-Animationen und zeigt DOKU in verschiedenen digitalen Skins. Die narrative Struktur zielt darauf ab, die traditionelle Realität zu überwinden und einen tiefergehenden Einblick in die ultimative Wahrheit der Leere und Verbundenheit zu erlangen.







Lu Yang – eine Gegenwartskünstlerin mit Message
Lu Yang wurde im Jahr 1984 in Shanghai geboren. Sie nutzt verschiedene Strategien aus Religion, Philosophie, Psychologie und Neurowissenschaften, um grundlegende Fragen zu den Zusammenhängen zwischen Körper und Bewusstsein sowie Spiritualität und Wissenschaft zu erforschen. Sie hinterfragt zudem die Grenzen des Menschseins in unserer zunehmend technologischen Welt. Die Künstlerin lebt und arbeitet heute in Shanghai und Tokio.
Besuche Lu Yangs Website, wenn du mehr zu ihren Animationen und ihrem Schaffen erfahren willst und wenn du dir einen Eindruck zu DOKUs Bewegungsablauf und seinen oder ihren Formwandlungen verschaffen willst.
Quelle: Art Basel Unlimited (Katalog), 2024