Wer nach Rastatt kommt, um nach Barock zu suchen, wird schnell fündig. Auch ich war dort auf den Spuren dieser Epoche. Besonders beeindruckt hat mich das Barockschloss. Ich ging in den vergangenen Jahren, als ich noch in Rastatt lebte, etliche Male daran vorbei, doch wusste es noch nie so richtig zu schätzen. Nun sollte sich das aber ändern: ich würde es auch mal von innen sehen. Das können alle. Betreten werden darf das Schloss allerdings nur im Rahmen einer Führung. Diese kostet 8 € (ermäßigte 4 €).


Einblicke ins Rastatter Schloss
Unsere Gruppe lauschte den Geschichten vom höfischen Leben und der Architektur. Die Dame, die uns durch die barocken Räumlichkeiten führte, teilte ihr Wissen mit einer solch ansteckenden Leidenschaft – es war einfach schön. Ich lernte viel von ihr. Ihre Art zu erzählen war aufregend und lebendig, sodass ich bei dieser Führung am liebsten gleich noch mal mitgemacht hätte.
Im Schlossinneren angekommen deutete sie auf eine Muschelarchitektur und sagte: „Die Muschel ist das Symbol des Barocks.“ Zudem spielte die Barock-Perle, eine unebene, meistens tropfenförmige Perle, eine Schlüsselrolle in der Epoche. Sie ist die Quelle der Ästhetik, die den Barock ausmacht und wurde als das Ideal angesehen. Ihre Struktur spiegelt sich oftmals in all den innen- und außenarchitektonischen Schnörkeleien und Verzierungen wider.

Rokoko im Barockschloss
Wir befanden uns im ehemaligen Einfahrtsbereich des Schlosses. Einer Art „Kutschen-Tiefgarage“ für Gäste, die einfuhren und dabei incognito bleiben wollten. Eine pompöse Deckenarchitektur im Stile des Rokoko begrüßte uns und blickte beinahe spöttisch auf uns herab. Rokoko erkennt man daran, dass die Zierelemente nicht so gleichschenklig sind wie die im Barock. Darüber hinaus ist es kantiger, unebenmäßiger, herausragender.



Dann ging es die Treppen hinauf. Die Dame zeigte uns pompöse doppelte Decken, güldene Verzierungen, Statuen, Reliefs und Gemälde. „Die große Pracht war dazu da, um die Gäste klein zu halten.“ All das war eine Hommage an die griechische Mythologie. Obwohl der Glaube christlich war, ließen die Architekten hier die Griechen hochleben – sie formten ihre Götter aus Stein und mindestens einen sogar aus Bronze. Schließlich galt der christliche Gott als unantastbar und durfte strenggenommen nicht dargestellt werden.


Fakten zum Schloss: Bauherr und Co.
Im größten und prächtigsten Raum des Schlosses, dem Ahnensaal, stießen wir auf noch mehr eindrückliche Elemente des Rokoko. Zahlreiche Fresken schmückten die meterhohen Wände. Sie zeigen nicht nur die Vorfahren des Bauherrn, sondern auch viele gefangene Osmanen. Diese Darstellungen sollten den Besuchern vermitteln, dass der Markgraf von Baden-Baden – auch bekannt als „Türkenlouis“ – als siegreicher Feldherr der Christenheit galt. Er wurde als jener gefeiert, der Europa vor den Osmanen beschützt hatte.

Der Markgraf residierte zu Lebzeiten im Schloss Rastatt. Es wurde ab 1697 nach den Entwürfen von Domenico Egidio Rossi erbaut. Zuvor hatte er zusammen mit seiner Frau Franziska Sibylla Augusta von Sachsen-Lauenburg im Neuen Schloss in Baden-Baden gelebt. Dieses war jedoch von französischen Truppen niedergebrannt worden. Eine neue Residenz musste her.











- Fun Fact: Sibylla Augusta ist unter anderem die Bauherrin des Schlosses Favorite im Rastatter Ortsteil Förch.

Das Residenzschloss Rastatt wurde nach dem französischen Vorbild Versailles gebaut. Ganz Europa schaute auf die Machtfülle des französischen Monarchen und versuchte diesem nachzueifern.
Macht: So wurde sie im Barock repräsentiert
Mit dem Bau des Rastatter Schlosses verfolgte Ludwig Wilhelm ein ehrgeiziges Ziel: Er wollte die Kurwürde erlangen. Nachdem ihm trotz seiner militärischen Erfolge – sowohl in den Türkenkriegen als auch am Rhein – die erhofften Ehren verwehrt blieben, setzte er stattdessen auf repräsentative Architektur. Das prachtvolle Schloss sollte seine Machtansprüche sichtbar untermauern.

Allzu viel hatte Ludwig Wilhelm selbst jedoch nicht von seiner Residenz. Die meiste Zeit verbrachte er im Feld. Bereits 1707 starb er an den Folgen einer Kriegsverletzung.
Dieses Barockjuwel zeigt eindrucksvoll, wie Architektur, Macht, Kunst und Geschichte miteinander verbindet. Du kriegst von Schlössern nicht genug? Hier geht’s zu der atemberaubenden Münchner Residenz.
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Die Öffnungszeiten und alle andere Infos rund um deinen Besuch des Rastatter Schlosses findest du hier.