Portugal badet in Regenschauern – und ich bin mitten drin. Meine Mutter macht sich Sorgen, aber ich beruhige sie mit den Worten „Eine Reise lässt sich planen – ein Abenteuer nicht“. Nach 28 Jahren hinterfragt sie gar nichts mehr von dem, was ich von mir gebe. Ich entschied mich dazu, mit dem Rad von A Ver-o-Mar nach Porto zu fahren. Zunächst legte ich aber einen Fußmarsch von anderthalb Stunden zurück, um zum nächsten Fahrradverleih zu kommen. Dort angekommen ging die Reise los.
Das Navi zeigte circa 2 Stunden Fahrradfahrt an – die gesamte Kurzreise sollte sich entlang des Strandes erstrecken. Also vertraute ich auf meine Intuition und ließ Google Maps ausgeschaltet, um Akku zu sparen. Vier Stunden später war ich noch immer unterwegs. Ich dachte, dass mein Hintern sich bald von mir verabschiedet und verkündet, dass wir nun getrennte Wege gehen sollten.

Der Weg nach Porto: Ein Naturerlebnis mit Ozeanblick
Doch was ich während der verhältnismäßig langen Fahrt erlebt habe, kann ich nur schwer in Worte fassen. An der Küste Portugals finden Fußgänger zahlreiche Holzstege, die mitten durch die Natur führen. Von den meisten Stegen kann man den Atlantischen Ozean in all seiner Kraft und Pracht sehen. Nicht auf allen Wegen sind Fahrräder erlaubt, aber es gibt immer Möglichkeiten, sie zu umfahren.
Also fuhr ich durch die kleinen Dörfer, durch die Dünen und durch all die Landschaften, die mein Auge noch nie erblickt hatte, während ich die Zeit, die Arbeit und all das andere, was mich davon abhält, wild zu sein, vergaß. Hier in Portugal ist es wirklich schwer, nicht stehen zu bleiben und inne zu halten. Mir begegneten viele Menschen, die auf einer Anhöhe standen und mit dem freien Blick in den Ozean in seine gigantischen Wellen hinein meditierten.

Ein Moment in Portugal: Die Macht des Ozeans
Als ich ihrem Beispiel folgte und meine Gedanken im Ozean versenkte, spürte ich diese aufkommende innere Freude. Sie entflammte allerdings aus dem Abgründen meiner Seele. Während ich die meterhohen Wellen nämlich bestaunte, war ich mir dessen völlig bewusst, dass jede davon mich mit Leichtigkeit verschlucken könnte. Dieser Gedanke ließ mich so bedeutungslos wie nur selten fühlen und die Erkenntnis dessen machte mich frei von all dem, was noch nie eine Rolle gespielt hatte.
Wie lange dieses Gefühl anhalten würde, war unklar. Deutlich spürte ich aber dieses Leuchten in meinen Augen, das ich auch bei meinem Vater beobachtete, während er durch die stürmischen Wellen des Schwarzen Meeres segelte. Es ist jedes Mal das Wasser und dessen Macht über den Menschen, das sich in den Augen widerspiegelt.

So lange brauchte ich mit dem Fahrrad nach Porto
Diese lockende, gar beängstigende Schönheit des Ozeans ist hypnotisierend und offenbar auch der beste Grund dafür, weshalb ich von A Ver-o-Mar nach Porto knapp fünf Stunden gebraucht hatte. Könnte natürlich aber auch teilweise daran gelegen haben, dass in einem Abschnitt der Holzsteg komplett mit Sand überschüttet war und ich das Fahrrad ein paar Kilometer lang schieben musste. Vielleicht war der – teilweise heftige – Wind für diesen sandigen Zwischenfall verantwortlich – vielleicht war es aber auch so gedacht. Ich werde es wohl nie erfahren.

Aber ich genoss auch das Fahrrad-Schieben durch den scheinbar ewigen Sand. So konnte ich die Agaven, Kakteen und Silbergräser besser bestaunen und lernte auf meinem Weg auch einen hilfsbereiten Einheimischen kennen. Mir fiel schnell auf, dass die Portugiesen, die mir begegneten, sehr freundlich, interessiert und aufmerksam waren. In ihrem Land fühlte ich mich zu jeder Zeit willkommen und war von ihrer offenen, entspannten und lebendigen Art sehr angetan.

Nachdem ich mich halbwegs traute, in den Wellen des Ozeans baden zu gehen, erreichte ich zum Sonnenuntergang Porto und buchte mir dort auf die Schnelle eine Übernachtung in einem Hostel. Am nächsten Morgen regnete es den ganzen Tag, doch dieses Abenteuer sollte dort auf mich warten.
[…] (9 von 10): Ich liebe Fahrradfahren. Allein meine Fahrrad-Tour durch Portugal ist der lebende Beweis dafür. Die einzigen beiden Nachteile sind: Wetterabhängigkeit und die […]