Alexej Georgijewitsch von Jawlensky, geboren irgendwann im März 1865 (oder auch 1864) im Russischen Kaiserreich, war ein renommierter Maler des Expressionismus. Er gehört zu der Künstlergemeinschaft „Der Blaue Reiter“, die von Wassily Kandinsky und Franz Marc initiiert wurde. Ich war Jawlensky auf der Spur und fand den Bro in München, Stuttgart und Wiesbaden.



Alexej Jawlenskys Jugend in Russland
Jawlensky wuchs als fünftes Kind von sechs Geschwistern auf und entdeckte seine Leidenschaft für die Malerei im Alter von 17 Jahren. Damals sah er auf der Allrussischen Industrie- und Handwerksausstellung in Moskau erstmals in seinem Leben Gemälde. Diese Begegnung mit der Kunst bewegte ihn dazu, seine malerischen und zeichnerischen Fähigkeiten eigenständig zu entwickeln. Nach seiner Versetzung als Offizier nach Sankt Petersburg, besuchte er abends die Russische Kunstakademie.
An der Akademie lernte Jawlensky den berühmten Vertreter des russischen Realismus, Ilja Repin kennen. Dieser empfahl ihm 1892 die Ölmalerei bei Marianne von Werefkin (Marianna Werjöwkina, aber auch egal) zu erlernen. Werefkin war eine vermögende Baronin und erfolgreiche Malerin. Darüber hinaus war die gute Frau bekannt als “Russischer Rembrandt”. Sie unterstützte Jawlensky in seiner künstlerischen Entwicklung.

Alexej Jawlensky zieht nach München
1896 zog Jawlensky gemeinsam mit Werefkin nach München. Geheiratet haben die beiden Hasen jedoch nicht. Werefkin würde sonst ihre Zarenrente verlieren und das wollte sie nicht. Stattdessen war sie bereit, ihren Jawlensky-Schatz zu fördern, wo es nur ging. Seine Weiterbildung vertraute sie dem Slowenen Anton Ažbe an. Unter Ažbes Anleitung sowie inspiriert durch Künstler wie Lovis Corinth, Wilhelm Leibl und Leo Putz konnte sich Jawlenskys Malerei weiterentwickeln.
Einen besonderen Platz in seiner Schöpfung nimmt das 1900 datierte Porträt „Helene fünfzehnjährig“ ein. Merk dir diesen Namen, denn später wird es ein wenig versaut. Dieses Gemälde deutet den Übergang von Jawlenskys realistischen Werken zu seinem späteren Stil an, obschon die elektrisierenden Farben, für die der Künstler heute bekannt ist, dort noch nicht zum Einsatz kamen.
Ab 1902 begann Jawlensky, Stillleben und Landschaften im neoimpressionistischen Stil zu gestalten. Seine Auseinandersetzung mit der Kunst van Goghs und seine Begegnung mit der Pariser Avantgarde prägten die folgenden Jahre seines Schaffens. Auch Matisse beeinflusste ihn und sein farblicher Stil entwickelte sich immer weiter.




Deshalb hatten Jawlensky und Kandinsky Beef
Während seiner Zeit in Deutschland, vor allem im Jahr 1905, produzierte Alexej Jawlensky eine leuchtende Palette an Kunstwerken. Drei Jahre später kam es zu der legendären Zusammenarbeit zwischen Werefkin/Jawlensky und Münter/Kandinsky. Möglicherweise hatte sich danach das Verhältnis zwischen den beiden Malerpaaren kurzfristig getrübt. Werefkin, Jawlensky, Adolf Erbslöh und Oscar Wittenstein beschlossen die Neue Künstlervereinigung München (NKVM) zu gründen. Münter und Kandinsky waren an diesem Projekt zunächst jedoch nicht beteiligt. Darüber ärgerte sich Wassily Kandinsky noch Jahre später.
Doch schon bald sollten sich alle Unstimmigkeiten legen und Kandinsky wurde, wenn auch nur zögernd, 1. Vorsitzender der NKVM. Wenig später, im Jahr 1909, arbeiteten die beiden Künstlerpaare wieder zusammen in Murnau. Dies war genau die Zeit, als der Tänzer Alexander Sacharoff mit Werefkin und Jawlensky seinen großen Auftritt im Odeon in München vorbereitete.

Der Tänzer Alexander Sacharoff und „Die weiße Feder“
Neben diesem berühmten Bildnis des recht femininen Tänzers gibt es noch eins von Jawlensky. Bis vor wenigen Minuten war ich fest davon überzeugt, dass ich des damals in Hamburg bei meiner Art, Drugs and Rock’n’Roll-Tour gesehen habe. Nach langer, verzweifelter Suche fand ich jedoch das Gemälde namens „Die weiße Feder“ in einem anderen Ordner. Das Bild hängt tatsächlich in der Stuttgarter Staatsgalerie – eines meiner vier bis fünf liebsten Museen der Bundesrepublik.
Als ich das Stuttgarter Gemälde vor mir sah, war ich gefesselt davon, obwohl mir Alexej Jawlensky zu dem Zeitpunkt, als ich dort war, noch kein großer Begriff war. Das Bild machte alles mir mir. Es lockte, es erinnerte an etwas, es faszinierte mit seiner Rätselhaftigkeit. Ich stand wie angewurzelt davor und missgenderte meinen Landsmann Sacharoff erstmal hart. Und da ist das Meisterwerk:

Die weiße Feder (Der Tänzer Alexander Sacharoff), 1909 – Öl auf Pappe.
Monogamie? Nein danke!
Als Deutschland während des Ersten Weltkriegs Ausländer zur Ausreise zwang, verließ Jawlensky sein privilegiertes Leben und zog mit seiner Partnerin Marianne von Werefkin, dem Dienstmädchen Helene Nesnakomoff und dem Sohn Andreas, den Jawlensky mit Helene gezeugt hatte, in die Schweiz. An dieser Stelle werde ich diese Beziehung nicht kommentieren und auch keine Parallelen zu anderen berühmten Dreiecksbeziehungen im Exil ziehen. Dort lebten sie alle zusammen am Genfersee.
Jawlensky musste sich an ein neues, weniger luxuriöses Leben gewöhnen. In seiner einfachen Unterkunft fand er Inspiration in der malerischen Landschaft des Genfersees. Seine Kunstwerke aus dieser Zeit zeigen noch erkennbare Naturdetails wie Bäume, Büsche und den See selbst.
Im Laufe der Zeit wurden diese Detailaufnahmen metaphorischer und spiegelten seine Gefühls-, Seelen- und Geisteswelten wider. Die ersten Arbeiten aus dieser Phase beschrieb Jawlensky als „Lieder ohne Worte“. Sie markierten einen Wendepunkt in seiner Karriere.

Noch eine Frau in Alexej Jawlenskys Leben
1916 trat eine neue Förderin in sein Leben: Galka Scheyer. Die um 25 Jahre jüngere Frau unterstützte fortan seine Arbeit, allerdings mit einer vertraglichen Bedingung: 45% seiner Einnahmen aus Bildverkäufen gingen an sie. Autsch.

Ende 1917 zogen Jawlensky und Werefkin nach Wollishofen bei Zürich um, wo Jawlensky begann, seine berühmte Serie der „Mystischen Köpfe“ zu malen. Inspiriert von menschlichen Gesichtern – vorwiegend Frauen – schuf er farbenfrohe Porträts mit starkem Ausdruck. Wohin es Alexej Jawlensky und seine Bohème-Familie als nächstes verschlug, erfährst du schon bald auf avecMadlen. Gute Nacht. Ich muss morgen echt früh arbeiten.