Maria mit Kind und Edelsteinen. Maria sitzt vor einer prächtigen Thron- und Nischenarchitektur, die von einem sanften Engelputto, also einem Engelknaben, überblickt wird. In ihrer demütigen Hingabe hat sie ihre Brust freigelegt, um das Christuskind zu stillen, das auf ihrem Schoß steht. Ein Fuß des Kindes ruht auf den Seiten des heiligen Buches, das die Mutter in ihren Händen hält. Währenddessen legt das Kind seinen Arm um Marias Hals und drückt sein Gesicht an das ihre. Deutet das Kind einen Kuss an? Ich weiß es nicht. Marias Rechte umschließt das Kind jedenfalls fest am Kopfe, in einer Geste der innigen Verbundenheit.
Im Hintergrund links finden sich verschiedene kostbare Edelsteine. Diese stehen in ihrem Glanz im Kontrast zur warmen Szene der Mutter und des Kindes. Diese kühle, artifizielle Farbpalette verleiht dem Bild eine gewisse Mysteriosität, die oft mit Werken von Baldung in Verbindung gebracht wird.

Maria mit Kind und Edelsteinen: Baldung schafft Mysterium
In dieser Darstellung spiegelt sich eine geheimnisvolle Aura wider, die dem Betrachter Raum für Interpretation und Reflexion bietet. Interessanterweise basiert dieses Motiv auf einem Gemälde von Mabuse. Jedoch fehlen bei Mabuse die schwierig zu deutenden Edelsteine, die Baldungs Bild eine zusätzliche Ebene des Rätselhaften verliehen.
Ebenso mysteriös ist Baldungs stillende Madonna mit den Papageien. Kein Wunder, dass die beiden Gemälde im selben Raum im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg hängen.
Hans Baldung Grien – ein Künstler im Schatten Dürers
Hans Baldung Grien, trotz seiner Anerkennung in Fachkreisen, stand und steht in der breiten Öffentlichkeit immer im Schatten des berühmten Nürnberger Meisters Albrecht Dürer. Geboren wurde er im Jahr 1484 in Schwäbisch-Gmünd, doch seine Eltern zogen bald darauf ins elsässische Strasbourg um. Nach einer Lehrzeit bei einem unbekannten Maler in Strasbourg verschlug es ihn nach Nürnberg. Dort arbeitete er ab 1503 in Albrecht Dürers Werkstatt. Damals erhielt er wahrscheinlich den Beinamen „Grien,“ der auf die Farbe Grün hinweist. Über den genauen Ursprung dieses Namen kann jedoch spekuliert werden kann.
Schon bald wurde er zu Dürers rechter Hand und leitete die Werkstatt während Dürers Italien-Reise. Im Jahr 1507 verließ Baldung Grien zwar Nürnberg, blieb jedoch zeitlebens eng mit Dürer verbunden. Er profitierte von dessen wichtigen Einflüssen für seine eigene Arbeiten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Halle kehrte er nach Strasbourg zurück, doch in den Jahren 1512 bis 1516 verlagerte er seine künstlerische Tätigkeit nach Freiburg im Breisgau, wo er mit dem Hochaltar des Münsters sein bedeutendstes Werk schuf.
Im Jahr 1517 kehrte Hans Baldung Grien schließlich endgültig in seine Heimatstadt zurück, wo er als Hofmaler tätig wurde. Bald darauf wurde er zum Mitglied des Hohen Rates von Strasbourg ernannt. Aus dieser Zeit stammen einige seiner meisterlichen, großformatigen Werke, darunter Darstellungen von Adam und Eva (heute in Budapest), der Venus mit Cupido (im Rijksmuseum Kröller-Müller) und Judith (im Germanischen Nationalmuseum) – die ich vor Ort übrigens eiskalt für einen Alten Cranach hielt.
Freizügige Erotik auf Baldungs Andachtsbildern
Obwohl Hans Baldung in der Zeit der Reformation die geistige Befreiung begrüßte, blieb er dem neuen Glauben gegenüber zurückhaltend und trat nicht selbst dazu über. Neben seinen antiken und mythologischen Themen, bei denen gelegentlich eine fast schon freizügige Erotik zum Ausdruck kam, schuf er auch zahlreiche Andachtsbilder.
Ähnlich wie Albrecht Dürer blieb auch Hans Baldung Grien in seinen späteren, zum Teil schon manieristisch geprägten Werken ein leidenschaftlicher Beobachter der Natur. Trotz ihrer Sinnlichkeit stellen seine zahlreichen Akte keine überidealisierten Schönheiten dar, wie sie bei seinem Zeitgenossen Lucas Cranach dem Älteren oft zu finden sind.
Von Hans Baldung Grien sind etwa 100 Ölgemälde erhalten geblieben. Darüber hinaus auch eine beträchtliche Anzahl von Zeichnungen und beinahe 600 Holzschnitten und anderen Druckgrafiken. Ab dem Jahr 1510 signierte er seine Werke mit dem charakteristischen Monogramm, bestehend aus den Buchstaben HBG. Er genoss einen hohen Ruf und verstarb im September 1545 in Strasbourg.
Quellen:
- fotocommunity.de: „Die Renaissance – Bilder einer Epoche“ mit einem Random Textstück (abgerufen am 15.1.2024)
- objektkatalog.gnm.de: „Maria mit Kind und Edelsteinen“ (abgerufen am 15.1.2024)
- onlinesammlung.freiburg.de: „Maria mit dem schlafenden Kind, 1520“ (abgerufen am 15.1.2024)